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Nähere Informationen zum Hohle Fels

Der Schelklinger Hohle Fels ist die größte, für Besucher barrierefrei zugängliche Höhlenhalle der Schwäbischen Alb und zugleich seit fast 150 Jahren eine bedeutende urgeschichtliche Forschungsstätte.

 

Die Höhle liegt etwa 1,5 km östlich von Schelklingen auf der rechten Seite des Aachtales. Nur wenig über dem Talniveau, auf 534 m über NN, öffnet sich das tunnelartige Höhlenportal in einem imposanten Weißjura-Fels. Vor der Höhle führt der Donauradwanderweg vorbei. Ein Grillplatz inmitten einer baumbestandenen Wiese lädt zur Rast ein.

 

Der „Hohle Fels“ trägt diesen Namen nicht ganz zurecht. Nur die 29 m lange Eingangshöhle durchquert den Fels, ein Schwamm-Mikroben-Riff des Weißen Jura (Unterer Massenkalk, Mu). Das Ende der Eingangshöhle ist gleichzeitig die Wettergrenze. Nun öffnet sich die imposante Höhlenhalle mit einer Flächenausdehnung von etwa 500 qm und einem Luftraum von ca. 6000 Kubikmetern. Diese Halle liegt im Talhang. Der Boden der Höhlenhalle steigt steil an. Er kann auf  Pfaden bis zu einer Aussichtsstelle erstiegen werden. In der Höhlenhalle herrschen das ganze Jahr über Temperaturen von 8 – 10 °C.

Von der Haupthalle zweigen zwei Seitengänge ab, die nach etwas mehr als 20 m in verlehmtem Versturz enden. Das LAD Baden-Württemberg stellt ein virtuelles 3D-Höhlenmodell zur Verfügung.

 

Bereits 1830 stieß der Töpfer Rixinger aus Blaubeuren beim Graben nach Lehm in der Höhle auf Knochen von Höhlenbären, die er dem Ulmer Kreisforstrat Graf von Mandelsloh ohne Fundortangabe verkaufte.

1844 ließ Georg Reichenbach, Baumwollfabrikant im ehemaligen Kloster Urspring bei Schelklingen, den Fledermausguano in der Höhle als Dünger abbauen.

1870 untersuchte der Leiter des Königlichen Naturalienkabinetts in Stuttgart, Oscar Fraas, die Höhlenablagerungen auf ihre Verwendbarkeit als Dünger. Diese Untersuchungen gaben letztlich den Anstoß für eine erste Grabung in der Höhle, die Oscar Fraas zusammen mit dem Wippinger Pfarrer J. Hartmann 1870/71 durchführte. Neben Knochen anderer eiszeitlicher Tiere, waren es vor allem zahlreiche Überreste von Höhlenbären, welche die Grabung weit über Württemberg hinaus bekannt machten.

1872 führte die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte unter Leitung von Prof. Rudolf Virchow im Rahmen einer Tagung eine Begehung der Höhle durch. Die Tagungsteilnehmer durften sich dabei Funde für ihre Sammlungen mitnehmen. Der Hauptteil der Funde, ein ganzer Eisenbahnwaggon voll, kam ins Naturalienkabinett nach Stuttgart.

1906 untersuchte der Tübinger Prähistoriker R.R. Schmidt die Höhle, stieß aber in der völlig ausgeräumten Haupthalle auf keine weiteren Fundschichten. Die Höhle galt fortan als „ausgegraben“.

Erst 1958/60 führte Gustav Riek zusammen mit der Schelklinger Heimatforscherin Gertraud Matschak Grabungen in der Eingangshöhle durch, die wider Erwarten neue Funde erbrachten.

Seit 1977 finden in der Eingangshöhle alljährlich Ausgrabungen durch das Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Eberhard-Karls-Universität Tübingen statt. Sie standen in den ersten zwanzig Jahren unter der Leitung von Joachim Hahn († 1997) und finden seitdem unter Leitung von Nicholas Conard statt. Die Grabungen werden finanziell und logistisch unterstützt von der Firma HeidelbergCement AG, Werk Schelklingen, der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, dem Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg, der Museumsgesellschaft Schelklingen, der Stadt Schelklingen, der Gesellschaft für Urgeschichte und der Stadt Blaubeuren.

Am 9. Juil 2017 wird der Hohle Fels zusammen mit fünf weiteren Höhlen auf die Liste des deutschen UNESCO-Welterbes  aufgenommen.



Bedeutende Funde

 

Die intensive Grabungstätigkeit der Universität Tübingen brachte eine ganze Reihe von Funden zu Tage, die weltweit für Aufsehen sorgten.

 

Seit 1998 wurde eine Reihe bemalter Steine gefunden. Zumindest in einem Fall konnte durch akribische naturwissenschaftliche Analysen nachgewiesen werden, dass es sich um eine Abplatzung von der Höhlenwand handelt – der erste Nachweis für Höhlenmalerei nördlich der Alpen. Der Stein stammt aus den Magdalenien-Schichten.

Durch eine Pfeilspitze, die im Brustwirbel eines Höhlenbären steckt, konnte nachgewiesen werden, dass das größte Raubtier der Eiszeit während des Gravettien aktiv bejagt wurde. Aus diesen Fundschichten stammt auch der „Phallus von Schelklingen“, ein Retuscheur aus Kieselstein.

Die mit Abstand bedeutendsten Funde stammen jedoch aus dem Aurignacien (42.000−30.000 vor heute). Sie zählen zu den ältesten Kunstwerken der Menschheit.

1999 gelang der Fund eines 3,6 cm großes Pferdekopfes aus Mammut-Elfenbein.

2001 wurde aus dem gleichen Material geschnitzt der Körper eines Vogels gefunden; ein Jahr danach der dazu gehörige Kopf, der Wasservogel von Schelklingen“.

2002 kam eine 2,5 cm großes Elfenbein-Figürchen zu Tage, das frappierend dem Löwenmensch vom Hohlensteinstadel im Lonetal ähnelt, derKleine Löwenmensch“.

2008 gelangen mit dem Fund der „Venus vom Hohle Fels und einer Flöte aus der Speiche eines Gänsegeiers, der Geierflöte, die beiden bisher sensationellsten Fund im Hohle Fels. Beide gelten als älteste Fund ihrer Art weltweit.

2014 bekommt die Venus vom Hohle Fels eine "Schwester". Die Archäologen fanden zwei Fragmente aus Elfenbein, die zusammengesetzt frappierend an den Brustbereich der ersten Venus erinnern. Nach Ansicht von Prof. Conard gehört der Neufund zu einer Frauenfigurine. Der Neufund und die Venus sind noch bis zum 11. Oktober 2015 im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren zusammen ausgestellt.

2015 wird in den Schichten des Venus-Fundes ein 20,4 Zentimeter langer, aus Mammutelfenbein geschnitzter Stab geborgen. Er ist mehrfach durchbohrt. In den sorgfältig ausgearbeiteten Löchern sind spiralförmige Einkerbungen zu erkennen. Die Archäologen sehen in diesem Lochstab ein Werkzeug zur Herstellung von Seilen aus Pflanzenfasern. Die Einkerbungen sollen den Fasern eine bestimmte Richtung geben. Dieser Fund ist ab dem 23.07.2016 im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren zu sehen.

2016 werden in den aurignacienzeitlichen Schichten, 42.000 bis 34.000 Jahre vor heute, ungewöhnlich viele doppelt und dreifach durchlochte Elfenbein-Perlen gefunden. Es sind die ältesten und weltweit einmaligen Funde dieser Fundgattung. 40 ausgewälte Perlen sind ab August 2017 im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren zu sehen.

2017 wird in den Schichten des Gravettien aus der Zeit vor rund 31.000 Jahren eine 44 cm lange Rippe gefunden, die vermutlich einem Mammut zugerechnet werden kann. Das Besondere sind zwei Reihen von Markierungen auf der dickeren Seite der Rippe, 83 auf der einen, 90 auf der anderen Seite. Dazu kommen weitere Einschnitte auf der bereiteren Seite der Rippe. Über die Funktion der Markierungen kann nur spekuliert werden. Doch sind Funde dieser Art im Schwäbischen Gravettien bislang eher selten. 

2018 wird gleich zu Beginn der Grabungssaison ein 7,8 Zentimeter langer, 7,1 Zentimeter breiter, 4,1 Zentimeter dicker, gerundeter Stein von gut 300 Gramm Gewicht gefunden. Farbspuren deuten darauf hin, dass dieser Stein dazu benutzt wurde, um Ocker zu einem feinen Farbpulver zu zerreiben. Mit Wasser, Fett oder Eiweiß angerührt, konnte das Farbpulver dann auf Haut, Kleidung oder Steine aufgetragen werden. Beispiele für letztere Anwendung, die bemalten Steine, gibt es im Hohle Fels mehrfach. Nähere Informationen und Bilder finden Sie auf der Seite deUniversität Tübingen.

2019 bargen die Archäologen einen Satz von drei Meißeln aus Elfenbein die vermutlich unterschiedlichen Zwecken gedient hatten. Wozu sie die Menschen benutzt hatten, müssen weitere Analysen und Experimente zeigen. Die drei Fundstücke, die nahe beisammen lagen, sind mehr als 38 000 Jahre alt. Hier finden Sie nähere Einzelheiten zum "Fund des Jahres".

 2020 wirft ein unscheinbarer Fund ein ganz neues Licht auf die Jagdmethoden und das Sozialleben der Neandertaler. Bei diesem Fund des Jahres handelt es sich um eine Blattspitze, eine blattförmig gearbeitete Lanzenspitze aus Jurahornstein ("Feuerstein"). Sie ist etwa 65 000 Jahre alt und stammt aus den Neandertaler - Schichten im Hohle Fels. Genauere Informationen liefert der Pressetext der Universität Tübingen.

2021 waren es Vogelknochen, die als Fund des Jahres große Aufmerksamkeit erregten. Sie stammen aus dem zehnten archäologischen Horizont (AH X) , der auf 65 000 Jahre datiert wurde. Eindeutige Schnittspuren auf den Knochen zeigen, dass die Neandertaler Schneehühner, Auerhühner und Birkhühner sowie Entenvögel als Nahrungsquelle nutzten und nicht nur Großwild, wie lange Zeit angenommen wurde. Genauere Informationen liefert der Pressetext der Universität Tübingen.

2022 gelang ein Fund, der die präzise Arbeit der Ausgräber im Hohle Fels verdeutlicht. Bereits 1999 wurde im Hohle Fels ein Elfenbein Tierkopf geborgen, der seitdem als "Pferdeköpfchen" interpretiert wurde. Nachdem sich aber der Fund eines Tierfragments von 2022 perfekt an das "Pferdeköpfchen" anpassen lässt und die selben Merkmale, feine Linienmuster, zeigt, stellt sich die Tierfigurine neu dar. Professor Conard interpretiert sie als "Bär". Damit ist die 'Elfenbein - Fauna' des Hohle Fels um eine weitere Art reicher.

2023 haben Archäologen aus der Welterbehöhle Hohle Fels nahe Schelklingen aus den Schichten des Aurignacien den Körper einer Figurine aus Mammutelfenbein geborgen, die die Annahme bestätigt, dass die eiszeitliche Elfenbeinkunst vielfältiger war als lange vermutet, und auch kleinere Tiere dargestellt wurden.. Das Team von Professor Nicholas Conard der Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen interpretiert den Fund als Otter. Ausschlaggebend für diese Interpretation sind der lange Hals und der kurze runde Schwanz der Figurine. Der Kopf fehlt. Doch hoffen die Archäologen, diesen bei der sorgfältigen Sichtung der geborgenen Sedimente noch zu finden.


Viele der beschriebenen Funde und noch einige mehr sind als naturgetreue Nachbildungen in Vitrinen im Eingangsbereich des Hohle Fels ausgestellt, ebenso im Stadtmuseum Schelklingen.

Das Urgeschichtliche Museum in Blaubeuren zeigt einzelne ausgewählte Originale.